Bernstein war um die Zeit der Kämpfe mit den Slaven um 900 herum Durchgangslager an der Heer- und Handelsstraße von Nürnberg nach Eger. Bis Bischofsgrün (Bischof-Grenze) war die Kolonisation von Bamberg bis zum Gebirge von Süden (Nabburg-Reuth-Regensburg) und von Osten her war die Erschließung unseres Gebietes von Eger und dann von Waldsassen ausgegangen. In Eger saß 1122 als Markgraf ein Diepold von Gingen. Die mit ihm aus Bayern stammenden Adelsgeschlechter siedelten sich in unserer Gegend als Schutzherren und Lehensträger der kaiserlichen Macht an. Mit dem Bau der Schutzburgen gegen die Slaven ging die Ansiedlung der „Hörigen“ (Gefolgsleute) Hand in Hand (Entstehung der Burg-Güter, z.B. in Göpfersgrün).
Die Rodung der Wälder in unserer Gegend wurde vermutlich von den ersten Siedlern, den Herren der (von) Bernstein vorgenommen, welche als adelige Lehensritter mit Landbesitz belohnt wurden.. Bernstein war zweifellos ein Stützpunkt der im Jahre 1000 hier zur Herrschaft gelangten Macht (Heinrich II). Die erste urkundlich bezeugte Herrschaft in Bernstein um das Jahr 1221 n. Chr. hatte Albertus de Bernstein. Er tritt als Zeuge bei einer öffentlichen Beurkundung in Redwitz (Verleihung des öden Dorfes Putzenreuth durch den Abt von Waldsassen), erstmals in Erscheinung. Bernstein wurde seinerzeit oftmals mit Pernstein bezeichnet. 1270 wird ein Heinericus von Bernstein, 1280 ein Ulricus von Bernstein, 1333 ein Friedrich von Bernstein genannt. Die uns bekannten Schloß- und Lehensherren „von Bernstein“ waren also über 100 Jahre die Repräsentanten der öffentlichen Gewalt und des Kaisers. Von 1100 - 1744 hatte das Geschlecht derer von Sparneck die Herrschaft über Bernstein.
Von Eger aus wurde 1132 das Kloster Waldsassen gegründet. Von den Gutsbesitzern und Adeligen wurde zu jener Zeit Baugrund und Baulast für die Filial-Klosterkirchen z.B. Höchstädt und Bernstein bereitgestellt. Dafür räumte die Kirche den Schlossherren das Patronatsrecht ein, das ist das Recht des Vorschlags des Priesters und andere Rechte, wie z.B. der Kirchenloge. Seit 1329 standen die beiden Kapellen in Höchstädt und Bernstein kirchlich und seelsorgerisch unter dem Kloster Waldsassen, weltlich unter der Schlossherrschaft, die wiederum von dem Mark- und Burggrafen als Lehensritter kaiserlicher Oberherrschaft gestellt war. 1285 erwarb der Burggraf von Nürnberg (Hohenzollern) in seinem Eroberungszug nach Osten die Burg in Wunsiedel, später in Hohenberg. Die Macht von Eger und Waldsassen verlor immer mehr Gebiet. 1314 war Eger von Kaiser Ludwig dem Bayern an die Krone Böhmens verpfändet. Vor 1414 schon hatte Burggraf Johann von Nürnberg Bernstein besetzt und belehnte damit einen Peter Rohrer (1389). 1396 einen Bernhard Rorer, 1440 gab der Burggraf Bernstein an Eger zurück. 1450 saß auf dem Schlossgut die Egerer Patrizierfamilie der Pachelbel.Diese Familie stellte dann auch einen Bürgermeister für Wunsiedel. 1476 bestätigt Papst Sixtus der IV, dass sein Vorgänger Bonifaz der IX in verschiedenen Bullen dem Kloster Waldsassen die Parochialkirchen zu Redwitz,Wunsiedel, Röslau, Höchstädt, Bernstein u.a., wo das Kloster das Patronat hatte, der Regensburger Diözöse inkorporiert habe.
Das Landbuch der Sechsämter von 1498, die ergiebigste Quelle für spätmittelalterliche Verhältnisse im Fichtelgebirgsraum, macht uns mit den Namen der damaligen Bernsteiner Einwohner bekannt. Auf Blatt 34b ist unter der Überschrift „Pernnstein“ rubriziert:
„Der von Wunsidl zu der Bruderschafft :
Bernhard Ungleich
Jorg Seidl
Hanns Plechschmid, sein selbst ansitz, dartzu
Petzl Hensl
Wolffel Schmid
Hanns Hödel
Acker Thoman
Hanns Seidl
Hanns Forchaimer sitzt uff seim eigen gut
Edelmann Schneider vom Hof
Hanns Macht
Hanns Friesner zu Wunsidl
Peter Hayrles
Hanns Hairles
Georg Zembsch, ist sein selbst
Georg Gelnitz, sein selbst
Hanns Uttenhofer, sein selbst
Lorentz Zembsch, sein selbst
Thoman Schwantner, sein selbst
Bernhart Steinreuter
Hirt, der ist der Herschafft, verspricht Ine der ambtmann zu Hohenberg, gibt ½ Kar Habernns. Gehort das halsgericht und alle obrigkeit gein Wunsidl.“
Leider ist dabei über die Größe der Güter nichts ausgesagt. Wir wissen daher nicht, ob es sich jeweils um ganze oder halbe Höfe oder Sölden handelt. Bekannt ist aber, dass Die Gruppe von sechs oder sieben Leuten, welche auf „Eigengut“ angesessen oder „ihrer selbst“ waren, beansprucht das meiste Interesse. Hatten sie ihre Höfe als freies volles Eigentum oder als sog. Zinseigentum? Auf jeden Fall standen sie in keiner Abhängigkeit von der sonst zuständigen Grundherrschaft und über ihre Höfe lag kein Obereigentum eines Grundherrn. Wir begegnen in Bernstein also einer Ausnahmeform bäuerlicher Besitzverhältnisse, wie sie sonst nur selten vorkommt. Nach ihren Namen standen diese Inhaber von „Eigen“ aus ortsadeligen Familien. Vor und nach 1498 kommen die Forchaimer (aus Forchheim bei Arzberg!), Gelnitz, Schwantner, Steinreuter, Uttenhofer und Zembsch als Siegelzeugen in Urkunden vor oder sie sind (wie Jobst Schwantner 1598 und kurz vor seinem Tode 1604) als „edel und ehrenvest“ bezeichnet.Solche Ehren standen einem gewöhnlichen „Armmann“ oder Hintersassen nicht zu. Es war ein ganzer Kreis „ehrbarer“ Leute, die in Bernstein saßen. Sie hatten ihr „Eigen“ inmitten lehnbarer Leute und wenn sie in keiner grundherrlichen Abhängigkeit lebten, so hatten sie ein bevorzugtes Recht am Boden. Dafür mussten sie aber auch besondere Pflichten haben. Hier wäre etwa an einen Ross- und Waffendienst an der wichtigen Fernstraße zu denken.
Diese Straße kreuzte sich in Bernstein mit einem Weg, der vom Kloster Waldsassen nach dem Waldsassener „praedium“ Münchberg führte. Bernstein lag auf Reichsboden; die Straße welche hier durchging war eine Reichsstraße. In der Umgebung liegen ganze Komplexe von Reichslehen. Die noch als Flurname vorhandene „Zeidelweid“ bei Schönlind und der 1326 genannte Bienenwald („silvia apiaria“) bei Göpfersgrün weisen auf die Nutzung des Reichsforsts hin. Wir halten die Inhaber der Eigentümer in Bernstein also für Rodungssiedler aus einer älteren Zeit, welche auf Reichs- und Hausgut ansässig waren. 1698 hatte Bernstein einen doppelten Hof, zwei ganze Höfe, drei Dreiviertel-Höfe, acht Halbe-Höfe, einen Anderthalbviertel-Hof, neun Viertel-Höfe, eine Mühle, und drei Trüpfhäuslein mit insgesamt 29 Häusern. Aus diesen „Urhöfen“ ging der innere Ausbau der Siedlung vonstatten.
Das heutige Dorf als Produkt seiner weit zurückreichenden Schiksale hat natürlich infolge der wie anderwärts immer weiter fortgeführten Teilung eine komplizierte Entwicklung mitgemacht. Nach der Flurform gehört Bernstein zu den Ortschaften mit sehr regelmäßigen, zur Gelängeform neigenden Gewannen, wie sie für die Zeit des jüngeren Ausbaus im 11. und 12. Jahrhundert typisch sind. Der ältere Flurkern mit den Flurnamen „kurze und lange Orlach“, „obere und kleine Bärenlohe“, befand sich am Rande des älteren Siedlungsgebiets nördlich der Straße in Hanglage auf die „Wart“ zu. Die Flurteile „Judenloh“, „Käsmeier“, „Kreuzloh“, „Krummes Wehr“ und „Michelsgries“ südlich der Straße sind jüngere Zuordnungen. Heute noch zeigen die zwischen der „Sallach“ und der „Schnappleite“ erhaltenen Restwaldstücke am südlichen Rand der Ortsflur an, dass sich der Wald hier lange hielt. Die ganze Ortsflur liegt auf Verwitterungsboden des Granits.
Auch Bernstein bekam den, in der regionalen Geschichtsschreibung viel zitierten Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) in reichem Maße zu spüren. Es blieb nicht nur dabei, dass 1634 das Einlegegeld in der Kirche von Soldaten geraubt wurde. Um dem Terror der durchziehenden Soldateska zu entfliehen, ließen die Einwohner wiederholt Haus und Hof im Stich, verbargen sich in den Wäldern und suchten Zuflucht in dem zeitweilig ruhigeren sächsischen Vogtland.
Bei dem sich über Jahrzehnte erstreckenden Wiederaufbau nach dem Krieg, versuchten die Schlossbesitzer ihren Wirtschaftsbetrieb wieder einzurichten und zu festigen, um mit vermehrter Erzeugung für den Markt die Einkünfte zu steigern und das Gut rentabel zu machen. Dabei legten sie es darauf an, nicht nur den Hofbau der zum Schloss gehörigen Landwirtschaft, sondern auch die im Schloss anfallende Hausarbeit von den ansässigen Bauern verrichten zu lassen, auf deren Höfen seit langen Frondienste als Reallast lagen. Da es nicht angehen konnte, dass sich der Schlossherr auf fremde Kosten schadlos hielt, wachten die Bauern (Söldner) scharf darüber, in ihren Fronpflichten keine Verschlechterung eintreten zu lassen. Eine Neuauflage von Frondiensten unter Änderung der in ihren Lehensbriefen angegebenen Verpflichtungen bedeutete für sie einen Rechtsbruch. Als es zum offenen Widerstand, dem sogenannten Bauernaufstand, gegen den Schlossbesitzer kam, versuchte dieser die Rechtmäßigkeit seiner Forderungen zu begründen, während die Bauern mit ihrer Gegendarstellung die Abschaffung der neuen Auflagen verlangten. Es war der zunächst als „Schaffer (Gutsverwalter) auf dem Sitz dahier“, dann als Gutsherr auftretende Wolf Adam Hendel, der in einer „Summarischen Klag-Libell“ (eine der zuständigen Obrigkeit eingereichte Klageschrift) von seinen Söldnern neben der „gemessenen Fron“ eine „alltäglich ungemessene Handfron“ verlangte. Zu dieser Handfron zählten Verrichtungen wie Stuben ausfegen, Botengänge, Mähen, Schneiden, Gräbnern, Säen, Krautstechen und Krautaushauen. In einer Exceptions- oder Verantwortungsschrift an den Amtshauptmann in Wunsiedel vom 29. Februar 1664 legten die sieben von diesem besonderen Dienst betroffenen Bauern ihren grundsätzlichen Standpunkt dar. Hierbei bezogen sie sich offenbar auf Artikel einer mündlich überlieferten Dorfordnung. Sie begründeten ihre Meinung damit, als dass der Gutsherr nicht zur Rechtsprechung befähigt ist. Der Inhaber des adligen Sitzes sei nicht etwa zu strafen befugt, „allda auch wir fürstliche Landesunterthanen unser Recht suchen und nehmen”. Nachdem im Original vorgelegten Lehensbuch von 1615 und einem am 1. Dezember 1663 zwischen dem Gutsvorbesitzer Schwoll und den Bauern zustande gekommenen Vergleich, konnte das Gericht nicht anders befinden, als „dass Hendel in seinem Besitz der Dienstbarkeit fundirt“ sei und das es dabei bleiben solle. Der gegenseitige Groll schwelte jedoch weiter und im Dorf herrschte Erbitterung und Zorn. Dies änderte sich auch unter dem neuen Schlossbesitzer, dem Junker Trütschler nicht. Im Juni 1680 bat der Schlossherr die Wunsiedler Behörde um Rechtshilfe, weil sich die Bauern „ohne allen Zweifel aus Verhetzung eines Rebellen und Friedensstörers öffentlich vernehmen lassen“, dass sie außer Heuen, Mähen, Schneiden und Dreschen keine andere Fron mehr verrichten wollten. In einem letzten noch vorhandenen Schreiben vom 20. April 1682 musste der Schlossherr konstatieren, dass sich die Bauern „bis dato ihrer schuldigen Frondienste gänzlich entzogen und mein Gut ganz und gar ruinieret wird“. Bevor der Schlossherr Trütschler im Jahre 1684 starb, konnte er sein Gut an den Junker Conrad Bernhard v. Trettau verkaufen.
Von den Sparneckern ging die kaiserliche Landesherrschaft im Jahre 1769 auf die Freiherrn von Reitzenstein-Reuth (Oberpfalz) über. Schon 1803 kam dann Bernstein durch Tauschvertrag vom 30.Juni zwischen Preußen und Kur-Bayern an Bayern, also schon vor Wunsiedel, das erst 1810 bayerisch wurde. Von den Landesregierungen wurde dann im Zuge der 1848 entstandenen freiheitlichen Bestrebungen im Anschluss an die französische Revolution die Lehensabhängigkeit des Gebiets von der Herrschaft von Reitzenstein-Reuth aufgehoben. Es kam somit von da an das bayerische Gemeinderecht zur Geltung.